Ja. Es geht unter die Haut, wenn wir vom Terror und den Amokläufen hören und sehen. Wie kann ein Mensch soviel Gewalt in sich freisetzen? Mit Sozialisierung, Politik oder fanatischer Religion und psychiatrischen Problemen dieser Attentäter allein, kann das nicht erklärt werden. Und auch Oberflächen-Psychologie gibt keine zufriedenstellenden Antworten. Es nur moralisch zu verurteilen oder mit Abscheu zurückzuschrecken ändert gleichfalls nicht unsere Welt.
Diese Täter müssen Menschen sein – egal ob religiös oder persönlich motiviert, die sehr tief verstrickt sind mit Leid in Ihrer Seele. Nur durch eine tiefe Identifizierung mit Schuld kann ein Mensch so gewaltsam gegen sich selbst sein und damit gegen andere so zerstörerisch. Nur eine spirituell angebundene Psychotherapie könnte aufdecken und lösen, was in der Seele als Sprengstoff gefangen ist. Wenn also mehr Menschen aus sich heraus da hinfinden könnten, wären wir einem Zustand von Frieden, Respekt und Liebe in dieser Welt näher. Kularnava ist solch ein Heilplatz, den wir für uns nutzen können, um uns dauerhaft aus Verstrickung zu befreien.
So wunderbar und hilfreich jede Religion ist, warum gibt es immer wieder diese Kämpfe: ‚Mein Weg ist richtig, der Weg der anderen ist falsch!‘? Im Yoga und Tantra predigen wir nicht, dass jeder Weg richtig ist, aber es ist eine tiefe Ehrfurcht da vor jedem, der ernsthaft den spirituellen oder religiösen Weg beschreitet auf seine Weise. Yoga und Tantra lehren die Einheit der Religionen. Im Kern – ohne das kultuerelle Beiwerk – sind es alles Wege zu Gott. Wenn alle Menschen gleich wären, bräuchten wir auch nur eine Religion, einen spirituellen Weg. Doch durch die Vielfalt der Menschen mit unterschiedlichem Charakter, Prägungen und Neigungen, gibt es auch so viele Religionen und spirituelle Wege. Das ist doch wunderbar, weil diese wertvollen Traditionen in der Neuzeit der Globalisierung jedem offen stehen. Der Mensch darf seine Religion frei wählen, egal in welcher Tradition an welchem Ort der Welt er geboren ist. Darum gibt es Deutsche, die Krishna oder Allah verehren und Afrikaner oder Inder die überzeugte praktizierene Christen sind und Jesus verehren. Das Gemeinsame und Verbindende von Religionen ist viel stärker als das Trennende, wenn man sich genau damit beschäftigt.
Und das ist es: Welcher Muslim beschäftigt sich mit dem Kern der christlichen Lehre, der Liebe? Welcher Christ beschäftigt sich mit dem Kern der islamischen Lehre? Oder dem Judentum, oder dem Hinduismus oder dem Buddhismus?
Kaum einer. Wenn wir die anderen Glaubensrichtungen richtig kennenlernen würden oder jemanden, der eine solche praktiziert, würden wir diese Menschen verstehen, respektieren, lieben, auch wenn wir selbst einen anderen Weg beschreiten. Und: Du kannst einen Menschen nur töten, wenn Du nicht wirklich hinschaust, wer er ist. Wen Du wahrhaft kennst, kannst Du nicht töten. Insofern wird scheinbar wahllos und blind gemordet bei den Attentaten. Andere sehen, heisst sich selbst sehen. Aus dieser wahren Schau auf einen Menschen formulierte Jesus: Liebe Deine Feinde! Nicht als moralisches Gebot, sondern als Aufforderung, den Spiegel für sich selbst und das Göttliche auch im gehassten Gegenüber zu erkennen.
Daher ist im Tantra das zentrale Element die nahe, ehrliche, offene und achtsame Begegnung mit Menschen. Wen Du wirklich siehst, den kannst Du nicht hassen. Und: Wenn Du Dich selbst wirklich siehst kannst Du Dich selbst nicht hassen und vergibst Dir und anderen für alle Schuld, die Du echt oder nur vermeintlich auf Dich geladen hast. Du brauchst Dich selbst nicht mehr zu bestrafen. Du fliegst als Vogel heraus aus dem Gefängnis, weil Du gemerkt hast, dass die Tür des Käfigs in Wirklichkeit immer schon offen war. Der Käfig ist Dein Ego. Die Religion ist die Anleitung zum Rausfliegen.
Der spirituelle Weg oder die Religion sind wie ein gutes Koch-Rezept:
Wenn Du es genau befolgst, wird mit Sicherheit ein gutes schmackhaftes Gericht daraus werden. Es ist ausgeklügelt und zuvor 1000 Male erprobt.
Aber es nützt nichts wenn Du nur ein Buch mit einem guten Rezept im Regal stehen hast. Du musst Kochen, es anwenden.
Zu sagen, ich koche überhaupt nicht mehr, weder mit noch ohne Rezept – wie die Atheisten es tun, führt auch zu keiner leckeren Mahlzeit. Diese Menschen findet man im Schnell-Restaurant wieder.
Genauso wirst Du zwar auch ohne Rezept kochen können, aber meist dauert es dann lange, bis nach vielen, vielen Versuchen endlich etwas Gutes dabei herauskommt nach dem Gesetz von Versuch und Irrtum.
Daher gehe den Weg der Spiritualität. Gehe den Weg der Religion. Gehe den Weg des Tantra.
Ich war letzten Sonntag erst im evangelischen Gottesdienst meiner Gemeinde vormittags und dann nachmittags bei einem indischen Fest mit hinduistischer Gottesverehrung. Dass war beides wunderbar und sehr inspirierend, wenn auch jeweils auf ganz andere Weise. Ich sehe da keinerlei Widerspruch wenn Gott aufrichtig verehrt wird. Das ist immer hilfreich auf dem Weg, die Gemeinschaft von Gleichgesinnten zu suchen und die Rituale zu praktizieren.