Tantra & die Leidenschaft: Wie Mann und Frau sich gegenseitig erhöhen können…
Die Leidenschaft liegt in der Erregung, die das Unerwartete hervorruft, in dem Wunsch, etwas mit Hingabe zu tun, in der Gewissheit, dass es einem gelingen wird, einen Traum zu verwirklichen. Die Leidenschaft gibt uns Zeichen, die uns im Leben leiten – und es bleibt mir überlassen, diese Zeichen zu deuten.
Die Leidenschaft bewirkt, dass man nicht mehr essen, nicht mehr schlafen, nicht mehr normal arbeiten kann, sie raubt einem den Seelenfrieden. Sie reißt alles mit, was sich ihr in den Weg stellt, und das macht vielen Angst. Wie sehr verzweifele ich manchmal an Menschen, die nur noch im Kopf leben und alles versuchen mit dem Verstand zu begreifen und zu kontrollieren.
Einige reden dann auch abfällig vom sexuellen Trieb und vergessen, dass er die eigentliche Kraft ist, die tiefste Kraft, die alles zusammenhält und steuert! Die sexuelle Kraft nimmt jeden in den Dienst, ohne dass er sich dagegen wehren kann. Vernünftig würde niemand heiraten oder Kinder bekommen oder eine Beziehung begründen. So etwas bringt nur dieser Trieb zustande. Durch ihn sind wir am tiefsten im Einklang mit der Seele der Welt. Dieser Trieb ist das Geistigste, was es gibt. Jeder Verstand und jede vernünftige Überlegung verblaßt vor der Kraft, die hinter diesem Trieb wirkt: Das Göttliche – die Große Göttin!
Niemand möchte seine Welt in Unordnung bringen. Deshalb schaffen es viele, die Bedrohung der Leidenschaft unter Kontrolle zu halten. Und darum versuchen viele ihre Welt, wie ein Haus von allen Seiten abzustützen, obwohl dessen Balken längst morsch sind. Das sind die Ingenieure des Überfälligen. Andere wiederum handeln genau umgekehrt: Sie geben sich blind hin, ohne nachzudenken, und hoffen, in der Leidenschaft die Lösung all ihrer Probleme zu finden. Sie übertragen dem anderen die alleinige Verantwortung für ihr Glück und die alleinige Schuld an ihrem Unglück. Entweder sind sie permanent euphorisch, weil etwas Wunderbares mit ihnen passiert ist, oder permanent deprimiert, weil etwas Unerwartetes alles zerstört hat.
Was ist weniger zerstörerisch: sich von der Leidenschaft fernzuhalten oder sich ihr blind hinzugeben??
Tantra bietet die Lösung: Tantra zeigt, wie wir beides verbinden können indem wir uns der Leidenschaft SEHEND hingeben. Wenn diese Leidenschaft von hoher Qualität ist, vollendet die sexuelle Vereinigung den Tanz. Dann sind zwei eins und fühlen sich ich-los verschmolzen – die Erfüllung aller Sehnsucht – das als Dauerzustand wäre die Erleuchtung, der höchste Glückszustand, der Menschen möglich ist.
Tantra zelebriert das Begehren in seinem urtümlichen Zustand. Mann und Frau verlieben sich dabei nicht ineinander, sondern in das Leben. Sie kosten jeden Augenblick ehrfürchtig und ganz bewusst aus und feiern die saftige Sinnlichkeit in ausgedehnten Liebesfesten. Die Tantriker erleben jeden Augenblick der Lust wie eine Segnung. Solche Menschen kennen keine Eile, sie tun nichts Unbewusstes. Sie packen jede Gelegenheit beim Schopf und lassen keinen magischen Augenblick ungenutzt verstreichen, weil sie wissen, wie wichtig jede einzelne Sekunde ist.
Der Unterschied zwischen Tantra und „normaler“ Sexualität
Natürlich machen wir Diäten, kaufen uns Perücken, verbringen Stunden beim Frisör oder im Fitness-Studio, tragen aufreizende Kleider, versuchen den gewünschten Funken zu entfachen – aber was kam dabei heraus? Wenn’s zur Sache ging nur ein paar Minuten, Schluss-AUS. Keine Kreativität, nichts was beide in den siebten Himmel erhob; in Null Komma nichts war der Funke schon zu schwach, um das Feuer am Brennen zu halten. Der heilige Sex ist keine Theorie, hatte nichts mit Räucherstäbchen, Berührungspunkten, Verbeugungen und Salemaleikums zu tun. Gerade im Tantra neigen manche dazu, etwas zu verkomplizieren, dessen Schönheit in der Einfachheit und in der Leidenschaft lag. Wenn die Körper die Sprache der Seele lernen und sich vereinigen, dann ist das Tantra. Wenn der Tantriker durchlässig ist und bereit und sich ohne Absicht und ohne jede Furcht dem Trieb hinzugeben, dann kann alles zur Ekstase führen, selbst das Reiben der Nase an der Wange des anderen…
Liebe ist, zu wünschen, dass der andere glücklich wird und damit sich selbst ebenso sehr glücklich zu machen. Das ist völlige Hingabe.
Dann sind wir klein und der heilige Trieb groß, der uns fortschwemmt. Das ist wahre Ego-Auflösung. Dem liefern sich die meisten nur sehr selten aus. Denn es macht uns auch in der Seele nackt, wenn wir in dieser göttlichen Hilflosigkeit dem anderen in die Augen schauen und uns ganz zeigen ohne jeden Schutz ohne jeden Panzer ohne jedes Theater, ohne jede Abwehr, ohne jeden Angriff. Im Orgasmus sind wir alle vollkommen verletzlich und ausgeliefert und alle gleich. Für den Tantriker liegt die eigene Lust auch darin, nicht nur zu empfangen, sondern genauso dem Anderen Lust zu bereiten. Nichts macht mehr an, als die echte, authentische Lust des Gegenübers zu erleben. Die Freude des anderen wird zur eigenen Freude. Und in dem Moment dürfen wir Erkennen, wir sind eins. Das ist eine höchst religiöse Erfahrung denn dann sind wir auch eins mit Gott. Gehet hin und vereinigt Euch in Verehrung und höchster Ekstase!!!