Kürzlich war ich am Telefon positiv geschockt als mir jemand die Eigenschaft:
„unerbittliche Empathie“ zusprach. Das sollte als Kompliment gemeint sein. Es ist ein wichtiges Thema, weil wir allzu oft die Liebe nur mit Streicheleinheiten verbinden. Doch hat die große Göttin auch die Liebe zweifach geschaffen – wie alles in der Natur: Yin und Yang, Tag und Nacht, Mann und Frau, oben und unten, kalt und warm….Und: Kein Pol ist besser als der andere, beide sind gleichwertig und gleich wichtig, ja sogar nötig für die Balance der Schöpfung.
Auch Erich Fromm schrieb einst über das YinYang Prinzip in der Liebe und in der Erziehung. Das Grenzen-Setzen ist oft hart, weil Unreife dagegen anrennen…. Aber es ist genauso notwendig wie das In-den-arm-nehmen, Zuhören und Halten, dem anderen zu verstehen geben, dass man ihn als Wesen tief innerlich liebt, egal wie gerade eine Stimmung ist oder was der andere getan hat. Ja, Liebe verbinden wir in der Tat mehr mit den mütterlichen Eigenschaften des Verzeihens, Vergebens und eine neue Chance Einräumens….
Sogar meine eigenen Assistenten kritisieren mich manchmal, weil ich Teilnehmer oder Mitarbeiter gehen lasse. „Hättest Du ihm/ihr nicht verzeihen können? Das wäre doch die Liebe…gibt es nicht die Geschichte in der Bibel vom verlorenen Sohn der trotz seines ‚Fehlverhaltens‘ zurück durfte und nicht bestraft sondern sogar beschenkt und geliebt wurde bei der Rückkehr von seinen „Eskapaden“?
Ja und nein. Ich bin sehr geduldig und großzügig mit Menschen, wo ich spüre, dass sie offen sind und wirklich wachsen wollen. Denn nur so ist die Liebesmüh nicht vergeblich. Zu dieser Offenheit gehört, Empfänglichkeit, Demut und es nicht „besser zu wissen“ die Fähigkeit zu ehrlicher Verneigung. Es ist eine Geisteshaltung.
Doch wenn ich sehe, dass jemand trotz wiederholter Belehrung und Erklärung das Gleiche Falsche wieder tut oder nichts vom Richtigen annehmen will, beende ich das Verhältnis, weil alles andere Energieverschwendung wäre. Ja, Menschen lernen und wachsen – und: manche weigern sich und beharren auf starrem Festhalten am Leid, auf dem Anklammern an gewohnter Neurose und dem ach so vertrauten Schmerz. Dazu hat jeder ein Recht, denn die Freiheit hat das Göttliche jedem gegeben. Insofern setze ich mich gerne weiter dem Risiko aus, ein „Arsch“ zu sein in den Augen mancher. Das ist mir lieber, als dem billigen und schwachen „JA“ nach dem Mund zu reden, wo ein hartes – und gleichzeitig absolut liebevolles – „NEIN“ das Gegenüber viel mehr zum Wachstum anregt. Das ‚Nein‘ lässt Menschen oft erwachen und ihren EIGENEN Weg fühlen, was äußerst wertvoll ist. Das Nein macht Menschen oft viel stärker als ein halbherziges oder billiges Ja. Nein sagen können aber nur Menschen mit Rückgrat, Menschen mit inneren Werten, denen sie verpflichtet sind, Menschen, denen es egal ist, was andere denken, ob sie applaudieren oder „Buhh“ rufen, Menschen, die ihre Wahrheit gefunden haben und leben.
Die Kunst ist es, den Unterschied zu erkennen, wann das Liebes-Nein und wann das Liebes-Ja dran ist. Das richtige Liebes-Nein kannst Du daran erkennen, das nicht die Spur Reaktion aus Ärger, Kränkung oder Hass darin liegt auf Seiten des Verneiners. Es ist ein Nein, das aus ausgeglichener Mitte kommt, ohne jede Verhaftung. Genauso ist ein JA nur kraftvoll, wenn es nicht aus innerer Schwäche oder aus Angst gesagt wird, sondern echt aus der Tiefe des Herzens kommt, auch wenn das Ego dagegen rebellieren mag.